Von Daten zu Design: Bauen mit BIM
Die Bauindustrie steht vor einer Revolution. Einer der Schlüssel: Building Information Modeling (BIM). In diesem Blogbeitrag tauchen wir tief in die Welt von BIM ein und beleuchten seine Auswirkungen auf die Architektur-, Ingenieur- und Bauindustrie (AEC). Von den historischen Wurzeln bis hin zu den aktuellen Herausforderungen und Chancen zeigen wir, wie BIM die Art und Weise, wie wir bauen, nachhaltig verändert – und wie ein Unternehmen wie Viega diese Revolution vorantreibt.
Die Wurzeln von BIM: eine digitale Evolution
Die Wurzeln von BIM reichen tief in die Geschichte der Architektur-, Ingenieur- und Bauindustrie zurück. Ursprünglich entwickelt, um komplexe Bauprojekte effizienter zu gestalten, ist BIM heute integraler Bestandteil des modernen Baumanagements. Die Anfänge lassen sich bis in die 1970er Jahre zurückverfolgen, als es erste Versuche gab, Computermodelle zur Unterstützung von Bauprojekten zu verwenden. In den folgenden Jahrzehnten wurden diese Ansätze weiterentwickelt und verfeinert, wobei Technologien wie CAD (Computer-Aided Design) und 3D-Modellierung eine wichtige Rolle spielten.
Mit den Fortschritten der Informationstechnologie in den 1990er Jahren gewann BIM zunehmend an Bedeutung. Die Möglichkeit, umfassende digitale Modelle zu erstellen, die nicht nur die geometrische Form, sondern auch Informationen über Materialien, Kosten, Zeitpläne und vieles mehr enthalten, hat die Art und Weise, wie Bauprojekte geplant, entworfen und verwaltet werden, revolutioniert.
Die Basis ist gelegt: Das Potenzial für die Zukunft ausschöpfen
Heute setzen Architekt*innen, Ingenieur*innen, Bauunternehmen und Immobilienentwickler*innen weltweit BIM ein. Es ermöglicht eine integrale Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteur*innen, verbessert die Planungsgenauigkeit, minimiert Konstruktionsfehler und trägt zur Optimierung von Ressourcen und Kosten bei.
Vorreiter bei der Einführung von BIM sind oft größere Bauunternehmen und öffentliche Auftraggeber*innen, da sie in der Regel über die nötigen Ressourcen und das Fachwissen verfügen, um BIM erfolgreich zu implementieren und von den damit verbundenen Verbesserungen zu profitieren.
Die Verbreitung von BIM ist jedoch noch stark von der regionalen Infrastruktur, den politischen Rahmenbedingungen, dem vorhandenen Fachwissen und der Innovationskultur abhängig, seine Potenziale sind noch lange nicht ausgeschöpft.
Bei aktuellen Bauprojekten variiert der Nutzungsstand von BIM je nach Region, Branche und den spezifischen Anforderungen der einzelnen Projekte. Länder wie UK, die Niederlande oder die skandinavischen Länder sind bekannt für ihre Vorreiterrolle bei der Einführung von BIM – auch bei mittleren und kleineren Bauprojekten. So führte beispielsweise die britische Regierung 2016 eine BIM-Mandatsrichtlinie für öffentliche Bauprojekte ein. Die Folge: viele Unternehmen, einschließlich kleinerer Auftragnehmer*innen, integrierten BIM in der Planungs- und Bauphase.
Von 2D zu 5D: Die Evolution der Modellierung
Die Entwicklung von 2D-Zeichnungen zu dreidimensionalen BIM-Modellen hat die Planungsphase von Bauprojekten revolutioniert. BIM geht noch einen Schritt weiter und erweitert das Modell um zwei zusätzliche Dimensionen:
Die zeitliche Komponente (4D): Durch die Integration von Zeitplänen in das Modell ist eine präzise Zeitplanung und -überwachung möglich. Das bedeutet, dass sich Bauprozesse zeitlich abstimmen und potenzielle Engpässe frühzeitig erkennen lassen. Eine 4D-Simulation ermöglicht es den Projektbeteiligten, den Projektfortschritt visuell zu verfolgen und die Auswirkungen von Verzögerungen oder Änderungen im Zeitplan besser zu verstehen.
Kosteninformationen (5D): Kosten sind direkt mit dem Modell verknüpft. Ausgaben lassen sich dadurch kontinuierlich kontrollieren und optimieren. Das bedeutet, dass Änderungen am Design oder an der Ausführung sofort Auswirkungen auf die Kosten haben.. Eine fundierte Entscheidungsfindung ist somit während des gesamten Projektlebenszyklus möglich. Die Verknüpfung der Kosteninformationen mit dem Modell erlaubt es den Projektbeteiligten zudem, verschiedene Kostenoptionen zu vergleichen und Entscheidungen zu treffen, die sowohl Budgetziele als auch Projektanforderungen erfüllen.
Dank der Evolution von 2D- zu 5D-Modellen sind Bauprojekte effizienter, genauer und nachhaltiger. Denn 5D-Modelle bieten eine umfassende digitale Plattform, die alle relevanten Informationen integriert, und sind damit eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage für Projektbeteiligte.
VORTEILE EINES 5D-MODELLS
- Konflikte früh erkennen: Potenzielle Probleme zwischen verschiedenen Gewerken lassen sich früh erkennen und läsen, da das 5D-Modell eine umfassende Übersicht über das gesamte Projekt bietet. Durch die Integration von Zeit- und Kosteninformationen können Projektbeteiligte Lösungen entwickeln, bevor es zu kostspieligen Verzögerungen kommt.
- Agil planen: Planungsänderungen werden in regelmäßigen, kurzen Zeitintervallen aktualisiert und auf mögliche Konflikte geprüft. Projektbeteiligte können so flexibel auf Änderungen reagieren und alternative Lösungen entwickeln, ohne Zeitplan und Budget zu gefährden.
- Lebenszyklusanalyse: Durch die Integration von Lebenszyklusanalyse (LCA) und Lebenszykluskosten (LCC) werden Umwelt- und Kostenaspekte direkt im Modell aktualisiert und bewertet. Die Folge: eine ganzheitliche Bewertung des Projekts über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg und damit nachhaltigere und wirtschaftlichere Bauwerke.
Digitale Vorplanung: Der Schlüssel zu Effizienz und Transparenz
Der Einsatz von BIM beginnt lange vor dem ersten Spatenstich: Ein erfolgreiches Bauprojekt startet mit der Detailplanung. Die Phase 0 – also die Bedarfsplanung – ist dabei der entscheidende erste Schritt. Hier werden die grundlegenden Anforderungen und Bedürfnisse des Projekts in einem Lastenheft erfasst, die sogenannten Auftraggeber-Informationsanforderungen. Zudem kommen alle Spezifikationen in ein detailliertes Pflichtenheft. BIM spielt dabei eine zentrale Rolle: Es ermöglicht ein durchgängiges digitales Informationsmanagement, vereinfacht die Kommunikation und macht Änderungen in regelmäßigen Abständen nachvollziehbar. Das spart Zeit und Geld.
Dank der durchgängigen Digitalisierung aller relevanten Informationen entsteht ein virtuelles Modell des geplanten Bauwerks, oft auch als "Digitaler Zwilling" bezeichnet. Dieses Modell umfasst nicht nur die geometrische Form des Gebäudes, sondern auch die technische Gebäudeausstattung sowie umfangreiche Daten zu Materialien, Kosten, Zeitplänen, Nachhaltigkeitsaspekten und vielem mehr. Damit können alle Beteiligten, von der Architektin über den Ingenieur bis zur Bauunternehmerin, auf eine synchronisierte Datenbasis zugreifen.
Die Vorteile sind immens: Weil Termine, Kosten und Risiken präzise ermittelt werden, sind Planungen zuverlässig und Abstimmungen effizient. Zudem ist eine, lückenlose Kontrolle möglich. Denn alle Änderungen und Anpassungen sind regelmäßig und aktuell nachvollziehbar. Das Risiko von Fehlern und Missverständnissen sinkt. Darüber hinaus erlaubt die digitale Vorplanung die Simulation verschiedener Szenarien und Optimierungsmöglichkeiten, noch bevor die eigentlichen Bauarbeiten beginnen. Die Effizienz des Projekts steigt.
Ein weiterer Vorteil: Daten aus verschiedenen Quellen, wie zum Beispiel Geoinformationssystemen (GIS), Facility-Management-Systemen (FM) oder Energie-Management-Systemen lassen sich integrieren. Aspekte wie Standortanalyse, Betriebsoptimierung und Energieeffizienz werden so bereits in der Vorplanungsphase berücksichtigt. Das führt langfristig zu nachhaltigeren und ressourceneffizienteren Bauwerken.
Es bleibt festzuhalten: Die digitale Vorplanung spielt eine entscheidende Rolle bei der Optimierung von Bauprojekten. Denn sie fördert Effizienz und Transparenz von Anfang an und legt damit den Grundstein für erfolgreiche und nachhaltige Bauvorhaben.
Überbrückung der Qualifikationslücke im BIM-Zeitalter
Trotz seines enormen Potenzials wird BIM noch nicht flächendeckend eingesetzt. Das liegt zum einen am Mangel an qualifizierten Fachkräften, zum anderen aber auch an der großen Herausforderung für die Akteure, vertraute Prozesse komplett umzustellen. Hinzu kommt, dass die Zusammenarbeit in der Baubranche bisher eher zurückhaltend ist, obwohl sie eine Grundvoraussetzung für das digitale Bauen ist. Wir bei Viega sind uns bewusst, dass die flächendeckende Einführung von BIM nur gelingt, wenn die Arbeitskräfte geschult, die Beteiligten zur Zusammenarbeit ermutigt und die Prozesse überarbeitet werden.
Um diesem Bedarf gerecht zu werden, engagiert sich Viega mit umfangreichen Schulungsprogrammen aktiv in der Weiterbildung von Auszubildenden und ausgebildeten Fachkräften. Diese Programme zielen darauf ab, die Fachkräfte von heute und morgen mit den notwendigen Fähigkeiten und Kenntnissen auszustatten, um BIM effektiv zu nutzen und innovative Lösungen zu entwickeln. Dazu gehören Schulungen in BIM-Software, aber auch Trainings zu den Grundlagen und Best Practices des digitalen Bauens. Darüber hinaus investiert Viega in die Zusammenarbeit mit Bildungs- und Forschungseinrichtungen, um die Aus- und Weiterbildung im Bereich BIM voranzutreiben. Durch Partnerschaften mit Universitäten und Berufsschulen werden Studierende und Auszubildende gezielt auf die Anforderungen des digitalen Bauens vorbereitet und erhalten praktische Erfahrungen durch Projekte und Praktika bei Viega. So zielt beispielsweise das RWTH Talent Program an der RWTH Aachen University darauf ab, die nächste Generation von Bauingenieur*innen auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der digitalen Zukunft in der Baubranche vorzubereiten.
Damit leistet Viega nicht nur einen Beitrag zur Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte, sondern auch zur Stärkung der digitalen Kompetenz in der gesamten Baubranche. Dies ist entscheidend, um das volle Potenzial von BIM auszuschöpfen und den Weg für eine nachhaltige und zukunftsfähige Bauindustrie zu ebnen.
BIM für eine nachhaltige Zukunft
BIM macht die Bauplanung effizienter und nachhaltiger. Durch die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in den Planungsprozess können mit Hilfe von Simulationen verschiedene Varianten analysiert werden, um Entscheidungen unter Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Faktoren zu treffen. So lassen sich bereits in frühen Planungsphasen nachhaltige, ökologisch verträgliche und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen identifizieren und umsetzen.
Ein Beispiel für den Einsatz von BIM für eine nachhaltige Zukunft ist die Zusammenarbeit von Viega mit renommierten Institutionen wie der RWTH Aachen University und dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme. Gemeinsam haben sie die Grundlagen für eine integrierte Planung mit BIM geschaffen, die weit über die reine Gebäudeplanung hinausgeht. Die Ergebnisse reichen von der nahtlosen Integration von Gebäudetechnik und -betrieb in BIM bis hin zur Entwicklung von Methoden zur Vereinfachung komplexer digitaler Modelle.
Ein herausragendes Beispiel für die Umsetzung von BIM für eine nachhaltige Zukunft ist das moderne Seminarcenter Viega World. Diese Verbindung von Kompetenz mit den Technologien der Zukunft zeigt, wie ein Seminarzentrum mithilfe von BIM entwickelt, geplant, realisiert und betrieben werden kann. Dabei setzt der gesamte Prozess neue Maßstäbe – von der Planung bis zum laufenden Betrieb.. Die Viega World gilt heute branchenübergreifend als Benchmark für nachhaltige und zukunftsfähige Gebäude – über den gesamten Lebenszyklus. Die entwickelten Standards, Prozesse und Infrastrukturen dienen als Grundlage für die Planung weiterer Projekte.
Die Viega World gilt als Leuchtturmprojekt der Branche und zeigt, wie BIM nicht nur Bauprozessen optimiert, sondern auch einen entscheidenden Beitrag für eine nachhaltige Zukunft leistet. Durch die frühzeitige Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in den Planungsprozess können Bauvorhaben gezielt auf ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet werden. Der langfristige Effekt: eine nachhaltigere gebaute Umwelt.
Gemeinsam gegen den Wohnungsmangel
Nicht nur für die Baubranche ist BIM an vielen Stellen eine Revolution und ein Problemlöser. Der Mangel an Wohnraum ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das über die Landesgrenzen hinausgeht. Um der zunehmenden Wohnungsknappheit wirksam zu begegnen, ist eine enge und kooperative Partnerschaft unerlässlich.
Darüber hinaus ermöglicht BIM die Integration nachhaltiger Praktiken in Baukonzepte zur Bekämpfung des Wohnungsmangels. Durch die Optimierung von Grundrissen und Bauabläufen können Bauherr*innen und Entwickler*innen die zur Verfügung stehende Fläche effizienter nutzen und mehr Wohnraum auf weniger Fläche schaffen. Dies ist besonders wichtig in städtischen Gebieten, in denen Bauland knapp ist.
Weitere Beiträge von BIM zur Bekämpfung des Wohnungsmangels liegen in der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und Bauprozessen sowie in der Senkung der Baukosten. Digitale Modelle helfen, Bauvorhaben besser zu planen und vorzubereiten, was zu kürzeren Planungs- und Genehmigungszeiten führt.
Noch effizienter und insgesamt kostengünstiger ist die konsequente Kombination mit Methoden des seriellen Bauens: Beim seriellen Bauen, auch bekannt als modulares Bauen oder Vorfertigung, werden Bauteile oder Module in einer Fabrik hergestellt, die dann auf der Baustelle zusammengefügt werden. Diese vorgefertigten Module können standardisiert und in großen Mengen produziert werden. Das beschleunigt den Bauprozesses erheblich und senkt die Baukosten.
Durch die Verwendung von BIM können vorgefertigte Module genau geplant und koordiniert werden, um sicherzustellen, dass sie sich nahtlos in das Gesamtdesign des Gebäudes einfügen. Darüber hinaus lassen sich Änderungen oder Anpassungen am Design einfach und effizient im digitalen Modell vornehmen, bevor die Produktion der Module beginnt. Die Verbindung von BIM mit seriellem Bauen ermöglicht es so, Wohnprojekte schneller umzusetzen und die Kosten für Bauherr*innen und Investor*innen zu senken.
Insgesamt trägt BIM dazu bei, nachhaltigere Wohnlösungen zu schaffen, die den Bedürfnissen der Gesellschaft entsprechen und gleichzeitig den Wohnungsmangel bekämpfen. Die Zukunft der Bauindustrie ist digital, und BIM ist einer der Schlüssel zu einer neuen Ära der Zusammenarbeit, Effizienz und Nachhaltigkeit im Wohnungsbau.
Mein Fazit
BIM IN KÜRZE
Building Information Modeling (BIM) ist mehr als nur ein Werkzeug, es ist ein Katalysator für Wandel und Innovation in der Architektur-, Ingenieur- und Bauindustrie. BIM ermöglicht effizientere Planungsprozesse, fördert die Zusammenarbeit und unterstützt nachhaltige Bauweisen und ist damit eine vielversprechende Lösung für einige der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. Die Akzeptanz und Integration von BIM in allen Bereichen des Bauwesens ist der Schlüssel zu einer effizienteren, kostengünstigeren und nachhaltigeren Zukunft.
VORTEILE VON BIM
- Mehr Zeit durch integrierte Zeitplanung (4D) und schnellere Genehmigungsverfahren.
- Weniger Baukosten: Minimierung von Fehlern und effizientere Ressourcenverteilung.
- Bessere Zusammenarbeit zwischen Entwicklern, Bauunternehmern und Behörden.
- Nachhaltige Bauweisen: Integration von umweltfreundlichen Praktiken in das Bauwesen.
- Verbesserte Gebäudeentwürfe: Mehr Wohnraum bei gleichbleibendem ökologischem Fußabdruck.
- Beitrag zum Kampf gegen Wohnungsmangel durch effizienteren Wohnungsbau.